Exkursion nach Yogyakarta, Solo und Semarang
Unter der Leitung von Dr. Friederike Trotier und der Indonesischdozentin Kartika Wulang fand vom 6. bis zum 17. März 2024 eine Exkursion in die zentraljavanischen Städte Yogyakarta, Solo und Semarang statt. 24 Studierende beschäftigten sich während der Exkursion auf verschiedene Art und Weise mit dem Thema „Urbanes Indonesien: Städte, Paläste und lokales Wissen auf Java“. Als Vorbereitung auf die Exkursion hatte die Gruppe bereits im Wintersemester 2023/24 an einem Seminar teilgenommen, in dem zunächst landeskundliche Themen und anschließend anhand wissenschaftlicher Texte spezifische Aspekte von indonesischen Städten analysiert wurden. Im letzten Teil des Seminars präsentierten die Studierenden ihre Ideen für die Forschungsprojekte, die sie vor Ort durchführen würden. Die Hauptziele der Exkursion waren, dass die Studierenden sich vor Ort mit den Themen Urbanität, Eigenschaften und Herausforderungen von Städten, mit kulturellen Einflüssen auf das Stadtleben und mit städtischen Bildungseinrichtungen auseinandersetzen sollten. Außerdem konnten insbesondere diejenigen, die Indonesisch als Sprachkurs belegen, ihre Sprachkenntnisse anwenden und ihr Verständnis verschiedener indonesischer Konzepte und Begriffe überprüfen und vertiefen.
Die erste Stadt des Exkursionsprogramms, Yogyakarta, gilt als die kulturelle Hauptstadt Indonesiens und Herz der javanischen Kultur. Als Sultanat innerhalb Indonesiens hat Yogyakarta eine einzigartige politische und kulturelle Stellung; die Stadt gilt aber auch als attraktive Studentenstadt und als Touristenziel. Der erste große Programmpunkt führte uns zu der Partneruniversität Universitas Atma Jaya Yogyakarta (UAJY), wo wir sehr gastfreundlich von dem Vizepräsidenten der Universität, der Dekanin, den Dozenten und Studierenden der Fakultät der Sozial- und Politikwissenschaften begrüßt wurden. Als Teil der offiziellen Eröffnung der Veranstaltung gab es Kurzpräsentationen und Videos zu den beiden Universitäten, um zu informieren, aber auch um alle Studierenden für die Austauschprogramme zu begeistern. Die Passauer Studierenden hatten ein Video und eine Präsentation über ihre Stadt und unsere Universität vorbereitet. Teile des weiteren Programms waren ein Workshop zu „Communicating Project through Visual Media”, eine Campus Tour inklusive einer gemeinsam eingeübten Tanzaufführung der deutschen und indonesischen Studierenden und eine Präsentation von Dr. Trotier zu „River-City Nexus in Indonesia“ mit anschließender Diskussion.
Am folgenden Tag fand eine Tour durch mehrere Kampungs (informelle urbane Viertel) in der Nähe des Kali Code Flusses unter der Leitung der Sekolah Sungai (lokales, informelles Bildungsinstitut) statt. Zusammen mit Offiziellen und Studierenden der Atma Jaya bekamen wir Einblick in die Herausforderungen und Initiativen der verschiedenen Kampungs in Bezug auf das Leben am Fluss, in die Schutzmaßnahmen vor Naturkatastrophen und die Abfallproblematik und ihre Bekämpfung. Anschließend konnten die Passauer Gruppe zusammen mit den Atma Jaya Studierenden Yogyakarta auf eigene Faust erkunden. Alle Aktivitäten mit der Atma Jaya stärkten die Partnerschaft zwischen der Universität Passau und der Universität in Yogyakarta.
Am nächsten Tag ging es nach Solo (offiziell Surakarta). Die Stadt ist ebenfalls Sitz eines Sultanats, allerdings ohne politische Macht. Unter dem Motto „Spirit of Java“ positioniert sich Solo als ebenbürtig zu Yogyakarta, obwohl die Stadt kleiner und bei Touristen weniger bekannt ist. Der Besuch des prinzlichen Palastes, Mangkunegaran, ermöglichte uns ein Eintauchen in die javanische Kultur und Geschichte. Besonders interessant war es zu erfahren, wie der amtierende Mangkunegara X. sich um die Öffnung, Revitalisierung und die Vermarktung mit Einbindung verschiedener Akteure bemüht.
Indonesien ist das größte muslimische Land der Welt, erkennt aber sechs offizielle Religionen an. Deshalb ist das Stadtbild häufig geprägt von religiösen Gebäuden, vor allem Moscheen. Wir besuchten gemeinsam die 2023 eröffnete Masjid Raya Sheikh Zayed Solo, die nicht nur durch ihre Architektur beeindruckte, sondern auch ein Beispiel für den gelebten Islam und die Nutzung der Moschee als öffentlicher und gemeinschaftlicher Ort ist. Anschließend erkundeten die Studierenden in kleinen Gruppen religiöse Stätten der verschiedenen Religionen (Islam, Buddhismus, Hinduismus, Christentum, Konfuzianismus/Taoismus) und berichteten über ihre Erfahrungen.
Wir hatten die Möglichkeit, eine Theateraufführung der berühmten javanischen Theatertruppe Wayang Orang Sriwedari zu besuchen, die eine Geschichte des großen Epos Mahabarata als Improvisationstheater auf die Bühne brachte. Der Besuch vermittelte einen Einblick in die javanische Kultur des Volkstheaters und die verschiedenen Rollen in der traditionellen javanischen Gesellschaft. Ein besonderes Erlebnis war für die Studierenden der Besuch in der Maske, wo sie die Schauspieler bei der Vorbereitung trafen, Fragen stellen und Kopfbedeckungen aufsetzen konnten.
Durch die Verbindungen der Atma Jaya Universität konnten wir in Solo eine weitere Universität besuchen, die sich in vielerlei Hinsicht von der Partneruniversität in Yogyakarta unterscheidet. Die Universitas Negeri Sebelas Maret (UNS) ist eine staatliche Universität mit einem sehr großen Campusgelände und einer Vielzahl an Fakultäten. Das Programm enthielt die offizielle Begrüßung, Vorträge zu urbanen und sozialen Veränderungen in Solo und den Besuch der universitätseigenen Waste Bank.
Die dritte Stadt der Exkursion, Semarang, hat eine lange Geschichte als Handelsstadt, als Schmelztiegel javanischer und chinesischer Kultur und als wichtiger Stützpunkt zunächst der niederländischen VOC (Vereinigte Ostindien Kompanie) und später der Kolonialmacht, wodurch sie sich stark von Yogyakarta und Solo unterscheidet. Der Schwerpunkt unseres Programms in Semarang lag in der Erkundung verschiedener urbaner Kampungs und deren Revitalisierungsprogramme sowie der urbanen Ausprägung der chinesischen, javanischen und europäischen Elemente. Während der Besuche von China Town und des großen chinesischen Tempelkomplexes Sam Poo Kong konnten wir die Präsenz und Bedeutung der chinesischstämmigen Bevölkerung Semarangs erleben. Um den Erfolg oder Misserfolg von lokal oder regierungsgesteuerten Revitalisierungsmaßnahmen einschätzen zu können, besuchten wir zwei verschiedene Kampungs (Kampung Pelangi und Kampung Jadul). Im Kampung Jadul nahmen wir an einem für uns organisierten Batikworkshop teil, bei dem Taschen individuell mit Batikmustern gestaltet wurden.
Märkte, Einkaufszentren und Malls in verschieden Formen sind zentrale Orte in den indonesischen Städten, weshalb wir möglichst viele in das Exkursionsprogramm integrierten. Dazu gehörte der Pasar Kangen als Event-Markt in Yogyakarta, der Pasar Gede in Solo mit vielen Lebensmittelständen, der Pasar Ramadan vor dem Rathaus in Solo, wo wir das erste Fastenbrechen des Ramadans miterlebten, der Pasar Malam (Nachtmarkt) in Solo mit Live-Musik und Performances, der jedes Wochenende stattfindet, der Pasar Semawis in Chinatown und Pasar Kauman im arabischen Viertel in Semarang, die jeweils spezifische kulinarische Angebote hatten.
Während der Exkursion gab es immer wieder Zeit für die Studierenden, ihre Forschungsprojekte durchzuführen. Viele Projekte bezogen sich auf urbane Themen wie die Revitalisierungsprojekte in Kampungs, Community-based Tourism, Stadtmarketing, Waste Banks, der ÖPNV in Städten, Streetfood und urban Islamic Fashion. Weitere Projekte bezogen sich auf kulturelle, geschichtliche und politische Themen (Batik, der Borobodur Tempel, das Image der USA sowie Fußball und Politik). Die Studierenden führten Interviews durch, nahmen an Veranstaltungen teil oder machten Beobachtungen, um ihre Forschungsfragen zu beantworten. Am Ende der Exkursion berichteten alle Gruppen über ihre Projektdurchführung und ihre ersten Erkenntnisse.
Die Exkursion stellte in vielerlei Hinsicht einen großen Erfolg dar. Für viele Studierende war es der erste Besuch in Indonesien (und Südostasien), und sie konnten einen einmaligen Einblick in das Leben in den drei javanischen Städten bekommen und Informationen zu den Exkursionsthemen erhalten, was für Touristen kaum möglich ist. Besonders hilfreich war die thematische und sprachliche Vorbereitung im Seminar bzw. im Sprachkurs, um in das indonesische Leben einzutauchen, ein tieferes Verständnis von Problemen und Zusammenhängen zu gewinnen und erfolgreich mit Bewohnern zu kommunizieren. Viele Erlebnisse vor Ort konnten mit dem Gelernten aus dem Seminar oder dem Sprachkurs verknüpft werden. Die Teilnehmer von Indonesischkursen wandten ihr Indonesisch nicht nur bei einfachen Alltagssituationen an, sondern sogar in Bereichen der Projektdurchführung. Die Exkursion war auch ein Erfolg für die Stärkung der Partnerschaft und für konkrete Überlegungen der Kooperation zwischen Passau und der Atma Jaya Universität. Darüber hinaus konnten neue Kontakte etabliert werden, die zu weiteren Kooperationsmöglichkeiten führen können. Für alle Beteiligten erbrachte die Exkursion einen bedeutenden Zuwachs an fachlichen Kenntnissen, an Kompetenzen, sprachlichem Zugewinn und persönlichen Erfahrungen, die den großen Aufwand eines solchen Unternehmens in Planung, Finanzierung und Durchführung immer wieder rechtfertigen.
(von Dr. Friederike Trotier und Kartika Wulang)
Testemonials
„Endlich hat es geklappt – und sogar besser als je erwartet! Bereits am Anfang der Oberstufe war für mich klar, dass ich ein Gap Year in Südostasien machen will. Neben dem typischen Backpacking, wollte ich vorranging soziale Projekte unterstützen und die vielen Kulturen der Region sowie die Leute wahrhaftig kennenlernen. Leider kam die Pandemie und hat mir diesen Wunsch nicht erfüllen lassen. Vielleicht aber zu meinem Glück, wie sich herausstellte!
Dann war es endlich so weit: am Ende meines 3. Semesters durfte ich endlich nach Südostasien reisen, und zwar nach Indonesien im Rahmen der Exkursion. Und ich kann sagen, ich hätte mein erstes Mal Südostasien nicht anders haben wollen. Unsere beiden Dozentinnen haben eine wunderschöne Exkursion geplant, in der wir wahrhaftig die indonesische Kultur, das Land und die Leute kennenlernen konnten. Ich bin an Orte gereist, die ich wahrscheinlich durch den Mainstream Tourismus entweder nie entdeckt hätte oder mich schlichtweg alleine nicht getraut hätte zu bereisen. Schon vor der Exkursion konnte ich mich bestens vorbereiten mit dem verpflichtenden Seminar und dem Indonesisch Sprachkurs (große Empfehlung! A1 kann einen schon sehr weit bringen und eröffnet die Kultur aus einem anderen Blickwinkel). Niemals hätte ich solch einen tiefen Einblick und Verständnis für Geschichte und die aktuelle Situation erhalten können, wäre ich nach meinem Abitur ohne jegliche Vorkenntnisse alleine hingereist.
Vielleicht stimmt es also doch: Alles passiert aus einem bestimmten Grund. Ich bin froh, nicht schon damals nach Südostasien gereist zu sein. Ich hätte diese Erfahrung nicht so aufnehmen können, wie ich es durch die wundervoll, eindrucksreiche und authentische Exkursion getan habe. Kurz um: ein eine einzigartige Erfahrung!“
“Die Exkursion und das vorbereitende Seminar waren für mich der absolute Höhepunkt meines Südostasien-Schwerpunkts und meiner zwei Jahre Indonesisch-Lernen. Es war eine einmalige Gelegenheit, mein Wissen endlich in der Praxis anzuwenden – sei es sprachlich, interkulturell oder wissenschaftlich. Besonders begeistert hat mich die große Vielfalt, die uns bei der Wahl unserer Projekte, im Exkursionsprogramm und durch die Dozierenden ermöglicht wurde. Diese Erfahrung hat meinen Blick auf die Region stark erweitert und mein Interesse an der weiteren Auseinandersetzung mit Südostasien vertieft.”
“Für uns als Joko-Studentinnen mit Nebenfach Development Studies war es eine großartige Gelegenheit sich mit den KuWis auszutauschen und die Kommilitonen besser kennenzulernen. Der Austausch war nicht nur spannend, sondern auch sehr inspirierend! Diese Exkursion war unvergesslich – wir konnten in Indonesiens Kultur eintauchen und Dinge, die wir zuvor an der Uni gelernt haben, selbst erfahren. Es war eine Mischung aus neuen Erkenntnissen und jeder Menge besonderer Momente. Bei unseren Forschungsprojekten hatten wir viel kreativen Freiraum, was jedes Projekt einzigartig und besonders machte. Diese Freiheit hat uns nicht nur herausgefordert, sondern auch unglaublich motiviert!“